EnergieSchweiz

So will die Forschung Elektroauto-Batterien verbessern

Die Elektromobilität setzt zum Überholen an. Ihr Erfolg hängt stark von den Batterien ab. Erhalten Sie einen Überblick darüber, wie Forschung und Industrie an der Verbesserung von Kapazität, Reichweite, Recycling und Sicherheit der Batterien arbeiten.

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In der Schweiz zeichnet sich ein Boom bei Elektroautos ab. Vergangenes Jahr wurden rund 34'000 steckbare Neuwagen in Betrieb genommen. Aktuell machen diese einen Marktanteil von 18 % der Neuzulassungen aus (rein batterieelektrische Autos: 9,9 %). Der Anteil der Steckermodelle soll gemäss Schätzungen bis 2025 auf 40 % und bis 2035 gar auf 91 % wachsen. Um die Elektromobilität vorwärtszubringen, sind taugliche Batterien nötig – sie gelten als Schlüsselfaktor für die Reduktion von CO2.

Elektro-Batterien: Die Knackpunkte

Derzeit stehen sogenannte Lithium-Ionen-Traktionsbatterien im Einsatz. Sie gehen auf Batterien zurück, die Anfang der 1990er-Jahre für tragbare Unterhaltungselektronik entwickelt wurden. Zwar wurden sie über die Jahre stetig verbessert, unter anderem die Energiedichte verdreifacht, doch ein paar Knackpunkte sind geblieben.

Die Produktion der Batterien ist immer noch aufwendig und macht einen grossen Teil der CO2-Emissionen aus, die in der Autoherstellung anfallen. Für eine Grössenordnung, bei der Produktion von einem Mittelklasse-PW mit einer Batterie von 42 kWh stammt etwa ein Viertel der Treibhausgasemissionen aus der Batterieproduktion. Darüber hinaus kommen darin wertvolle Rohstoffe zum Einsatz, namentlich Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan, Kupfer, Aluminium und Graphit. Deren Abbau hinterlässt immer einen ökologischen Fussabdruck. Speziell bei der Förderung von Kobalt fehlen in gewissen Herkunftsländern vertretbare Sozial- und Sicherheitsstandards. Überdies gingen im Recycling der Antriebsbatterien bislang zu viele wertvolle Materialien verloren.

Aufbruchsstimmung in der Forschung

Forscherinnen und Forscher versuchen die Kennwerte der Batterien zu optimieren und sie langlebiger, leichter, günstiger, leistungsstärker und umweltverträglicher zu machen. Befeuert wird der Markt durch die vielen Forschungsgelder. Denn: «Woran hierzulande geforscht wird, könnte irgendwann in umsatzstarke Produktentwicklungen von Startups und Grosskonzernen im Wert von mehreren Milliarden Dollar münden», folgerte unlängst die Handelszeitung.

Die Europäische Union hat beispielsweise die Forschungsinitiative Battery 2030+ und den Industrieverbund European Battery Alliance gegründet. Erklärtes Ziel dieser Zirkel: Europa bei der Entwicklung und Produktion innovativer Batterien an die Weltspitze zu bringen. Der Rückstand europäischer Produzenten ist gross, Batteriezellen und viele andere Bestandteile stammen derzeit zum grossen Teil aus Asien. Europäische Länder wollen sich aus dieser Abhängigkeit lösen. In der Schweiz beteiligen sich vor allem das Materialforschungsinstitut Empa, die ETH und das Paul Scherrer Institut daran, die Batterien nachhaltig zu verbessern. Empa-Forscher Corsin Battaglia spricht von Goldgräberstimmung. Denn wer die Antriebsbatterien von Elektroautos neu erfindet oder zumindest stark verbessert, steht im Geldregen. Entsprechend stark und breit wird in diesem Bereich geforscht.

Der Bedarf an Batterien wird sich bis 2030 tatsächlich verzehnfachen. Gegen 90 % des zu erwartenden Booms gehen auf Autobatterien zurück. Denn E-Mobilität steht gerade vor dem grossen Durchbruch.
Corsin Battaglia, Leiter der Empa-Abteilung Materials for Energy Conversion

Corsin Battaglia gibt einen Einblick in den aktuellen Stand der Entwicklung.

Zu den Hoffnungsträgern gehören beispielsweise Bipolarbatterien. Darin sind einzelne Zellen nicht mehr kleinteilig getrennt nebeneinander aufgereiht, sondern grossflächig übereinander gestapelt. Das neue Verpackungskonzept soll die Reichweite von Elektroautos auf bis zu 1'000 Kilometer steigern. Andere Forschungsinstanzen, so auch die Empa, setzen auf Festkörperbatterien, in denen giftige, entflammbare Flüssigkeiten entfallen. Dieser Typus soll eine lange Lebensdauer bei hoher Leistung möglich machen und schneller aufladbar sein. Im Gespräch sind auch Magnesium-Schwefel-Batterien. Deren Rohstoffe wären günstiger, und die Technik könnte theoretisch doppelt so viel Energie speichern wie Lithium-Ionen-Batterien. Und Dünnschicht-Elektroden aus Silizium und Lithium wiederum könnten die Batterien dereinst schrumpfen und leichter werden lassen. «Die Forschung läuft auf Hochtouren, die Erwartungen sind riesig», sagt Corsin Battaglia.

Zweites Leben für Batterien

Zurzeit kann durchschnittlich von 1'000 bis 1'500 Ladezyklen ausgegangen werden, bis die Traktionsbatterien nur noch etwa 70–80 % ihrer ursprünglichen Kapazität erreichen. Mit der heutzutage üblichen Reichweite pro Ladezyklus (circa 300 km) ergibt das eine Lebensdauer von 300'000 bis 450'000 km. Als Folge nimmt die Reichweite ab, die Beschleunigungsmöglichkeiten werden kleiner, die Ladedauer verlängert sich. Folglich müssen angejahrte Batterien aussortiert werden. Stehen Batterien am Ende ihres Lebenszyklus und sind unbeschadet, erhalten sie ein zweites Leben. Denn deren geschrumpfte Kapazitäten sind noch gross genug, um beispielsweise E-Scooters oder E-Gabelstapler anzutreiben. Auch als Zwischenspeicher für Photovoltaikanlagen in Einfamilienhäusern, Zwischenspeicher für die Netzstabilisierung oder als Speicher von Schnellladestationen taugen sie.

Jedes Gramm Material zählt

Defekte Batterien jedoch müssen fachgemäss und umweltschonend entsorgt werden. In der Schweiz wird aktuell im Kanton Solothurn die erste Rezyklieranlage vorbereitet, die auf Autobatterien spezialisiert ist. Betreiberin der Anlage ist das Start-up-Unternehmen Librec: Sie nimmt 2023 den Betrieb auf und verarbeitet den Ausschuss, der in der Schweiz anfällt. Librec setzt im Recycling hochmoderne Technologien ein. Dadurch wird es möglich, fast alle Materialien aus ausrangierten Batterien herauszufiltern und in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Die Recyclingquote liegt weit über 90 %. Andere Verfahren müssen sich mit 70 % bescheiden. Damit werden nicht nur wertvolle Ressourcen gespart, es entfallen auch Transporte ins nahe Ausland. Diese sind teuer und gefährlich, denn kritische Lithiumbatterien können sehr schnell brennen und müssen in feuerfesten Behältern spediert werden.

Ab 2023 soll die Rückgewinnungsquote von 90 % zum Standard werden

Ökologisch betriebene Anlagen, wie sie Librec in Oensingen oder Biberist betreiben will, sind in vielen europäischen Ländern geplant. Denn die Europäische Union hat beschlossen, auch in diesem Bereich strengere Regeln zu erlassen. Bis Ende 2027 soll die Rückgewinnungsquote von 90 % zum Standard werden für Kobalt, Kupfer, Blei und Nickel sowie 50 % für Lithium. Zahlen, die sich bis 2030 weiter verbessern werden (80 % für Lithium bis Ende 2030). Ausserdem müssen ab 2030 neu produzierte Traktionsbatterien Mindestanteile an recycelten Materialen enthalten. Eine Massnahme, welche die angestrebte Kreislaufwirtschaft unterstützt und die Elektromobilität nachhaltiger macht.

Mehr Informationen finden Sie hier:

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Batterien für Elektrofahrzeuge

2023-04-01
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Batterien für Elektrofahrzeuge - Key Facts & Figures

2023-04-01
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