Wie fühlt sich «mit dem Strom fahren» an?

Das Fahrgefühl eines Elektroautos ist im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich. Man muss es selbst erleben. Und genau davon berichtet Julia Staub, Texterin bei Wunderman Thompson in Zürich, in dieser Story.

Normalerweise fahre ich Zug, Tram, Bus oder Velo. Für «Fahr mit dem Strom» habe ich mich zusammen mit meiner Kollegin Marika Magnuszewska hinter die Steuer von zwei verschiedenen Elektroautos gewagt. Und zwar mit professioneller Begleitung: Martin Bolliger und Sandra Aellig von der Mobilitätsberatung des Touring Club Schweiz (TCS) haben mit uns eine Testfahrt durchs Berner Oberland gemacht, inklusive Ladepausen. Als Erstes darf ich an der Seite von Martin einen «Aiway U5» testen, das ist ein grosses chinesisches Elektroauto, eine Art Familyvan. Wir entscheiden uns für eine ruhige Passstrasse. «Wie Achterbahn fühlt sich dieses Elektroauto nicht gerade an», denke ich. Aber es ist angenehm ruhig und vor allem: völlig unkompliziert.

«Du brauchst nur das rechte Bein zum Fahren, das andere macht nichts.» Martin Bolliger, Leiter Mobilitätsberatung beim TCS

Das linke Bein hat Pause

«Du brauchst nur das rechte Bein zum Fahren, das andere macht nichts», erklärt mein fachkundiger Begleiter. Das nennt sich auch One-Pedal-Driving oder Ein-Pedal-Fahren. Nach dieser kurzen Einschulung kurve ich problemlos den Berg hoch. Perfekt für mich als Wenigfahrerin: Ich muss nicht schalten, bloss Gas geben. So kann ich den Motor bergauf erst gar nicht abwürgen. Bremsen muss ich übrigens auch fast gar nicht. Denn wenn ich vom Gas gehe, bremst der Elektromotor automatisch – und gewinnt dabei erst noch Energie für die Batterie zurück. Dieses schlaue Prinzip nennt sich Rekuperation.

Echtes Achterbahnfeeling

Nach einem Autowechsel geht’s den Berg wieder hinunter. Diesmal sitze ich mit Martin im aktuell meistverkauften Auto der Schweiz, einem Tesla Modell 3. Ich entscheide mich erstmal lieber für die Beifahrerseite. «Willst du wissen, wie sich das Beschleunigen anfühlt?», fragt mich der TCS-Profi. Aber natürlich! Für wenige Sekunden beschleunigt das Auto auf gerader Strecke mit maximalem Drehmoment, ich versinke im Beifahrersitz und in meinem Bauch kribbelt es wie verrückt. «Das ist wirklich wie Achterbahnfahren», staune ich. Das hätte ich so nicht erwartet.

Acht Minuten an der Ladestation

Das Elektroauto leitet uns zur nächsten Ladestation, wo wir auch meine Kollegin Marika und Sandra vom TCS mit dem Aiway wieder treffen. Das Erste, was uns hier auffällt, ist der Geruch. Es riecht nach Wiese mit Kuhdung und nicht nach Benzin wie an der Tankstelle. Praktisch – die Ladekabel sind an der Schnellladestation bereits vorhanden. Das Kabel erkennt das Fahrzeug, einen Tesla, automatisch und lässt sich ganz einfach einstecken.

Eine junge Frau steckt das Auto neben uns an einer Schnelladesäule an. Dann holt sie einen Kinderwagen und ein kleines Kind aus dem Auto. Während das Elektroauto lädt, drehen sie eine Runde und das Kleine kann Mittagsschlaf machen. «Perfekt in den Familienalltag integriert», denke ich.

Und schon entdecken wir die nächste Überraschung. Eine sportliche Frau öffnet ihren Kofferraum und ein schwanzwedelnder Hund springt heraus. Sie nimmt ihn an die Leine. «Machen Sie das immer so – mit dem Hund spazieren gehen während des Ladens?», frage ich sie. «Ja, immer!», antwortet sie lachend und fügt hinzu: «Ich habe noch einen der ersten Teslas und darum lade ich hier gratis.» Dann läuft sie mit ihrem Hund auf den nahen Feldweg zu.

Ein Stück weiter hinten sitzt ein älterer Mann in seinem Elektroauto und tippt etwas in sein Handy. Vielleicht erledigt er seine E-Mails. Auf jeden Fall weiss auch er, die Ladezeit für sich zu nutzen. Nach acht Minuten (an der DC-Schnellladestation) haben wir für etwa 85 Kilometer geladen und bezahlen 6 Franken. Unsere Begleiterin Sandra vom TCS erledigt das ganz unkompliziert mit der Tesla App. Und dann ermutigt sie mich, auch noch den Tesla selbst zu fahren.

Fahrspass im «Lässig»-Modus

Wir tauschen also die Plätze und ich sitze nun neben Sandra hinter dem Steuer des vollelektrischen Sportwagens. Was mir besonders gefällt: Man kann unterschiedliche Beschleunigungsmodi wählen. Ich entscheide mich für die langsamste Einstellung, den «Lässig»-Modus, welcher die Beschleunigung für eine ruhige und schonende Fahrt begrenzt. Auch dieses Elektroauto fährt sich sehr einfach und ich finde, es gleitet sogar noch ruhiger als der chinesische Familyvan über die Strassen.

Unser Fazit: Elektroautos fahren sich um einiges einfacher als Benziner oder Diesel. Man findet auch auf dem Land problemlos eine freie Ladestation in der Nähe. Und ja, es macht Spass.

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